Der Einsatz von Smartphones wird durch die Vielzahl verbauter Sensoren immer umfangreicher. Durch den Zugriff von Software auf die Sensoren werden nützliche Features umgesetzt. So dient das Smartphone heute durch den Einsatz des Lagesensors als Wasserwaage oder wird mithilfe des Beschleunigungssensor zu einem Schrittzähler. Ein besonderes Interesse erhält hierbei die Lokalisierung der Geräte. Sie ermöglicht Anwendungen zur Navigation oder das Steuern von ortsgebundenen Aktionen. Die meisten dieser Anwendungen kommen mit einer geringen Auflösung von wenigen Metern zurecht, da eine größere Entfernung zwischen den Orten besteht. Bei der Distanzmessung wird die Strecke, die ein Gerät in Bewegung zurücklegt, erfasst. Findet diese Bewegung in einem engen Rahmen, wie beispielsweise einem Tisch statt, so ist die Auflösung nicht mehr ausreichend.
Viele der Sensoren im Smartphone können alleine oder in Kombination zur Lokalisierung eingesetzt werden. Hierbei unterscheiden sich die Lösungen in der Genauigkeit sowie ihrem Einsatzgebiet. So ist Beispielsweise das \ac{gps} weniger gut geeignet für die Lokalisierung in Innenräumen [@Bajaj_2002a]. Auch der finanzielle und zeitliche Aufwand der Lösungsansätze unterscheidet sich. In dieser Arbeit soll daher untersucht werden, wie die Messung auf kleinen Skalen, im Zentimeterbereich, mit einfachen Mitteln umgesetzt werden kann.
Die Open-Source-Andwendung phyphox®\footnote{https://phyphox.org} ermöglicht es mithilfe der im Smartphone verbauten Sensoren Experimente durchzuführen. Die Applikation wird dabei unter anderem in der Lehre eingesetzt um physikalische oder chemische Zusammenhänge für die Schüler erlebbar zu machen. Sie ersetzt dabei teils kostenintensive Lehrmaterialien, die nicht an jeder Schule verfügbar sind. Dadurch hilft phyphox® bei der Verbesserung und Verbreitung von physikalischer und chemischer Bildung [@MI191_2021, ab: 1 h 30 min].
Aktuell fehlt es der Anwendung an einer Möglichkeit, das Smartphone im Raum zu lokalisieren. Durch die Lokalisierung kann eine Distanzmessung durchgeführt oder der zurückgelegte Weg aufgezeichnet werden. Die Implementierung einer Lokalisierungslösung würde den Umfang an möglichen Experimente somit stark erweitern. Um einen großen Nutzen daraus zu ziehen, soll die Lösung auf möglichst vielen Smartphones eingesetzt werden können.
!!!! Hierdurch ergibt sich eine Einschränkung der möglichen Sensoren Da nicht jedes Smartphone alle Sensoren verbaut hat, !!!
In allen gängigen Smartphones ist Bluetooth verbaut, weswegen dieses näher betrachtet werden soll. In der Forschung erhält Bluetooth gerade in der Innenraumnavigation ein hohes Interesse. Aus der Literaturrecherche geht hervor, dass die Abweichung von Bluetooth zur Lokalisierung meist mehrere Meter groß ist [@Cho_2015a; @Paterna_2017]. Diese hohe Abweichung ist für die meisten Experimente nicht geeignet. Die Arbeit soll untersuchen, ob die Abweichung durch den Einsatz verschiedener Techniken auf wenige Zentimeter reduziert werden kann, um sie für Experimente nutzbar zu machen.
Das Ziel dieser Arbeit liegt in der Entwicklung eines Lösungsansatzes, der die Umsetzung einer Lokalisierung zur Durchführung von Experimenten mittels Smartphone ermöglicht. Die Lösung soll dabei kostengünstig und möglichst einfach umsetzbar sein, damit sie für Schulen einsetzbar ist.
Zum Einsatz kommt ein sich selbst korrigierendes System aus Bluetooth-Beacons und Smartphone, wodurch eine Abweichung von unter \SI{10}{\percent} bei der Entfernungsmessung möglich sein soll [@Cho_2015a]. Untersucht wird, ob dieses System auch die Abweichung bei der Positionsbestimmung reduzieren kann. Der zusätzliche Einsatz verschiedener Filtermethoden und eine Kalibrierung sollen auf ihren Einfluss auf die Messergebnisse untersucht werden. Der Versuchsaufbau soll so gestaltet sein, dass er in Schulen und anderen Umgebungen leicht nachgestellt werden kann.
Der eigene Beitrag liegt darin, ein neuartiges Konzept zu erarbeiten, welches eine Distanzmessung auf der Skala eines Tischexperiments ermöglicht. Hierzu wird das System von selbst korrigierenden Beacons aus der Arbeit [@Cho_2015a] auf die zweite Dimension ausgeweitet. Entwickelt wird ein Versuchsaufbau mit selbst korrigierenden Beacons, welcher leicht nachvollziehbar ist und die Fehleranfälligkeit verringert. Durch eine, auf den Versuchsaufbau und das System angepasste Kalibrierung sowie den Einsatz verschiedener Filter soll die Genauigkeit weiter erhöht werden.
Die angepasste Kalibrierung, die Filter und die Auswirkung der selbst korrigierenden Beacons werden anhand einer experimentellen Basis evaluiert. Dabei werden die verschiedenen Bewertungskriterien der Fehlerbewertung herangezogen und die einzelnen Maßnahmen zueinander betrachtet. Um möglichst allgemeine Aussagen treffen zu können, findet die Evaluation in verschiedenen Umgebungen statt. Nicht teil der Arbeit ist die Betrachtung verschiedener Hardware.
Kapitel \ref{einleitung} gibt eine Motivation und beschreibt das Themenfeld dieser Arbeit. Darüber hinaus wird die Problemstellung beschrieben, der Lösungsansatz dargelegt und eigene Beitrag herausgearbeitet. Im Kapitel \ref{grundlagen} werden die fheoretischen Grundlagen und der Stand der Forschung beschrieben. Des Weiteren findet eine Eingrenzung des Themenfelds auf bestimmte Methoden zur Lösung des Problems statt.
In Kapitel \ref{implementierung} erfolgt die Auswahl und Entwicklung der Komponenten. Es unterteilt sich in die verwendete Hardware, die zur Umsetzung nötig ist und erläutert deren Einsatzbereich. Dabei wird auf die Umsetzung der Programmierung eingegangen. Im letzten Abschnitt wird auf einzelne Aspekte der Auswertung eingegangen.
Erste Messungen zur Beurteilung des Systems finden sich in Kapitel \ref{versuchsvorbereitung}. Die Messungen bieten dabei einen Einblick in das verwendete System. Hierzu werden zunächst Messungen im Freien durchgeführt, um mögliche Störeinflüsse zu reduzieren. Betrachtet werden verschiedene Positionierungen zwischen den eingesetzten Geräten. Abschließend wird eine Kalibrierung des Systems durchgeführt.
Die Messungen aus Kapitel \ref{versuchsvorbereitung} dienen als Grundlage für das Kapitel \ref{versuchsaufbau}. In diesem wird beschrieben, wie die Anordnung der Geräte im Versuch aussieht. Ferner werden die Messpunkte des Versuchs definiert.
In Kapitel \ref{ergebnisse} wird das System anhand von Experimenten bewertet. Sowohl die eingesetzten Methode, als auch die verschiedenen Filter werden gegenübergestellt. Zunächst wird betrachtet, welchen Einfluss die Kalibrierung auf die Ergebnisse der Messungen hat.
Eine Zusammenfassung der Arbeit findet sich in Kapitel \ref{zusammenfassung}. Hier werden die Ergebnisse nochmal in der Gesamtheit diskutiert und in Bezug auf den Stand der Technik erörtert. Abschließend wird ein Ausblick auf mögliche Verbesserungen und Erweiterungen des Lokalisierungssystems vorgenommen.
Die Lokalisierung und Distanzmessung ist ein wichtiges Forschungsfeld. Die Anwendungsfälle reichen von der Aufzeichnung der Trainingsstrecke über die Navigation bis hin zur Verfolgung von Objekten. Bei vielen Anwendungsbereichen ist eine Genauigkeit von wenigen Metern ausreichend. Dies ändert sich, wenn man Experimente auf kleineren Maßstäben wie zum Beispiel einem Tisch, durchführen möchte. Hierbei können wenige Zentimeter Abweichung über das Gelingen des Experiments entscheiden.
Im Smartphone befinden sich viele verschiedene Sensoren. Einige davon lassen sich zur Lokalisierung des Geräts einsetzen. Die Open-Source-Anwendung phyphox® bietet die Möglichkeit mit dem Smartphone zu Experimentieren. Hierzu verwendet die Anwendung die im Smartphone verbauten Sensoren. Dabei werden die Rohdaten der Sensoren ausgelesen und aufgezeichnet. Durch die Kombination verschiedener Sensoren oder Parametern wie die Zeit, lassen sich verschiedenste Experimente realisieren. Ein Experiment ermöglicht es beispielsweise die Länge eines Pendels zu bestimmen. Hierzu wird das Smartphone an das Pendel gehängt und unter Einsatz des Beschleunigungssensors die Richtungsänderung erkannt und somit die Pendelfrequenz ermittelt. Aus der Pendelfrequenz lässt sich dann die Länge des Pendels errechnen.
Ein weiteres Beispiel ist die Messung der Geschwindigkeit eines Fahrstuhls mithilfe des Luftdrucksensors. Hierbei wird die Höhenänderung ins Verhältnis zur Zeit gesetzt um die Geschwindigkeit zu ermitteln. Mit Kenntnis der Höhe eines Stockwerks lässt sich die gemessene Höhenänderung auch in die Anzahl an zurückgelegten Stockwerken umrechnen. Jedoch fehlt der Anwendung bisher eine Möglichkeit zur Lokalisierung des Smartphones.
In diesem Kapitel werden die technischen Grundlagen erörtert und eine abschließende Bewertung durchgeführt. Dabei werden die Grundlagen zunächst allgemein betrachtet und in weiteren Kapiteln vertieft.
Die Distanzmessung beschreibt im Rahmen dieser Arbeit die Messung der Länge einer zurückgelegten Strecke. Dabei bezeichnet die Strecke den Weg zwischen Start- und Zielpunkt. Die digitale Erfassung einer Strecke basiert auf der Erfassung einzelner Wegpunkte [@Lerch_2006_BOOK, vgl. S. 7-8]. Da zwischen den Wegpunkten keine Informationen vorliegen, wird dieser Zwischenraum als Gerade angenommen. Wie Abbildung \ref{fig:wegpunktcount} verdeutlicht, wird die Streckenabbildung durch die Anzahl an aufgezeichneten Wegpunkten verbessert. Im linken Teil der Abbildung sind nur drei Messpunkte erfasst worden, der ermittelte Weg ergibt nahezu eine Gerade und entspricht nicht dem realen Weg. Im rechten Teil sind 8, gleichmäßig verteilte Messpunkte, der aufgezeichnete Weg entspricht fast dem realen Weg.
Zur Bestimmung der einzelnen Wegpunkte ist eine Lokalisierung des Messobjektes erforderlich. Hierbei wird die Position des Objekts im Raum bestimmt. Der Raum kann dabei eindimensional oder mehrdimensional sein [@Strang_2008_BOOK]. Die folgenden Kapitel erörtern verschiedene Verfahren zur Lokalisierung, bei denen die Position des oder der Sender bekannt ist und die Position des Empfängers ermittelt werden soll.
Zu den einfachsten Methoden der Lokalisierung gehört das \ac{cellid}-Verfahren. Dabei haben alle Sender einen eindeutig zugeordneten \ac{id}. Diese \ac{id} wird vom Sender mit ausgestrahlt. Der Empfangsbereich, in dem ein Sender empfangen werden kann, nennt sich Zelle (engl. Cell). Ein Empfänger, der das Signal empfängt, kann dieses durch die \ac{id} eindeutig einem Sender und dessen Zelle zuordnen [@Strang_2008_BOOK]. Dabei ist die Genauigkeit des Verfahrens im wesentlichen von der Reichweite, also der Größe der jeweiligen Zelle, des Senders abhängig.
Die Lokalisierung kann verbessert werden, wenn sich mehrere Sendezellen überlappen. Abbildung \ref{fig:cellid} rechts zeigt, das in diesem Fall die Position des Empfängers auf die Schnittmenge der Sendezellen begrenzt wird, die vom Empfänger empfangen werden. Der rötlich eingefärbte Bereich kennzeichnet das Areal in dem sich der Empfänger befinden kann. Die rote Begrenzung ist die Sendereichweite des Senders.
Das Fingerprinting ist ein Ansatz, der sich die Mehrwegausbreitung (mehr dazu in Abschnitt \ref{messung-fehler}) von Funksignalen zu Nutze macht. Hierbei wird für jeden Empfangsort ein charakteristisches Muster (Fingerabdruck, engl. Fingerprint) aufgezeichnet [@Strang_2008_BOOK]. Dabei gliedert sich dieses Verfahren in zwei Phasen:
1. Die Offline-Phase: Hierbei werden passende ortsabhängige Parameter bestimmt, durch die eine eindeutige Identifikation eines Ortes möglich ist. Diese Parameter werden für jeden Ort gemessen und in einer Datenbank mit der Ortsinformation verknüpft gespeichert. Die ortsabhängigen Parameter hängen stark von der Umgebung ab. Bei einer Umgebungsänderung müssen diese Parameter aktualisiert werden.
2. Die Online-Phase: Dabei misst der Empfänger den Fingerprint, also den Parameter zur Identifikation, und gleicht diesen mit der Datenbank ab. Dazu werden Mustererkennungsalgorithmen benötigt, welche aus der Datenbank den wahrscheinlichsten Fingerprint ermitteln und damit den wahrscheinlichsten Ort herausgeben.
Die Triangulation basiert auf der Ermittlung des Einfallswinkels der eingehenden Signale. Dieses Verfahren wird auch \ac{aoa} genannt. Die Messung des Einfallswinkels ist mit gerichteten Antennenarrays oder Laufzeitmessungen zwischen mehreren Antennen möglich. Für den einfachen Fall einer Messung kann keine Entfernungsinformation gewonnen werden. Erst die Messungen des Einfallswinkels mehrerer Sender führt zu einem linearen Gleichungssystem, dessen Lösung die Position des Empfängers bestimmt [@Strang_2008_BOOK].
Bei der Lateration handelt es um ein Methode zur Positionsbestimmung bei der die Entfernung zwischen Sender und Empfänger ermittelt wird. Durch die Entfernung zwischen Sender und Empfänger entsteht im zweidimensionalen Bereich ein Kreis um den Sender. Der Empfänger befindet sich dann auf einem Punkt dieser Kreisbahn [@Strang_2008_BOOK]. Um eine eindeutige Position zu ermitteln sind mindestens drei Sender notwendig, weswegen diese Methode auch Trilateration genannt wird. Abbildung \ref{fig:lateration} zeigt das Verfahren: Die Position des Empfängers wurde zur besseren Darstellung nur eingekreist, er befindet sich auf dem Schnittpunkt der drei Kreise innerhalb des gestrichelten schwarzen Kreises. Der Abstand zwischen Sender und Empfänger $r$ entspricht dem Radius des Kreises um den Sender. Der Empfänger befindet sich auf einem unbestimmten Punkt der Kreislinie. Wird nun ein weiterer Sender hinzugefügt, so definieren die jeweiligen Schnittpunkte der Kreise die mögliche Position des Empfängers. Bei drei Sendern gibt es im optimalen Fall nur einen Schnittpunkt bei dem alle drei Kreislinien aufeinander treffen.
Formel \ref{eq:lgsTrilateration} zeigt das allgemeine lineare Gleichungssystem zur Berechnung der Position $p_x$ und $p_y$ bei der Trilateration [@Noertjahyana_2017]. Dabei beschreibt $x_i$ und $y_i$ die Position der Sender $i=1,2,3$ und $r_i$ den gemessenen Abstand zwischen Sender $i$ und Empfänger.
Die Laufzeitmessung, besser bekannt unter dem englischen Begriff \ac{toa}, beruht auf der Messung der absoluten Signallaufzeit $t = t_i - t_0$ von einem Sender zum Empfänger. Dabei beschreibt $t_i$ die Sendezeit und $t_0$ den Empfangszeitpunkt des Signals. Zur Berechnung der Distanz $r$ wird die Lichtgeschwindigkeit $c$ mit der Laufzeit des Signals multipliziert: $r = c \cdot t$. Für diese Messung ist eine sehr genaue und zwischen Sender und Empfänger synchronisierte Zeiterfassung notwendig [@Strang_2008_BOOK].
Bei der Laufzeitdifferenzmessung, auch bekannt als \ac{tdoa}, wird die Differenz der Signallaufzeit zweier Sender am Empfänger gemessen. Der Vorteil gegenüber dem \ac{toa}-Verfahren liegt darin, dass keine Zeitsynchronizität zwischen dem Sender und Empfänger hergestellt werden muss. Die Laufzeitdifferenzen zwischen den Signalen zweier Sender entspricht damit der Differenz der Distanz vom Empfänger zu den beiden Sendern [@Strang_2008_BOOK].
Die Messung der Signalstärke, auch bekannt als \ac{rss} ist ein gängiges Verfahren bei der Lokalisierung mithilfe von Funksystemen [@Chen_2019; @Davidson_2017a; @Ye_2019]. Hierbei wird die Empfangsleistung und damit die Dämpfung des Signals am Empfänger gemessen. Die Signaldämpfung hängt dabei unter anderem von der Distanz zwischen Sender und Empfänger ab. Zur Berechnung der Entfernung ist die Kenntnis über den mathematischen Zusammenhang zwischen Entfernung und Signaldämpfung notwendig. Diese Ausbreitungsmodelle sind für viele Szenarien bekannt [@Strang_2008_BOOK].
Im Folgenden sollen die eingangs erwähnten Verfahren zur Lokalisierung hinsichtlich der Fragestellung betrachtet werden. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der möglichen Ortsauflösung und dem Aufwand, mit dem das Verfahren umgesetzt werden kann. Tabelle \ref{tab:location} bietet eine Übersicht der Bewertung der einzelnen Verfahren.
Das \ac{cellid}-Verfahren hat eine sehr geringe Ortsauflösung. Auch mit einer hohen Anzahl an Sendern bleibt die ermittelte Position nur ein diffuses Areal anstelle einer punktgenauen Lokalisierung. Der Aufwand der Umsetzung hingegen ist als eher gering einzuschätzen.
Beim Fingerprinting-Verfahren ist die Ortsauflösung unter anderem vom betriebenen Aufwand bei der Einrichtung abhängig. Auch die gewählten Parameter zum Erstellen des Fingerabdrucks und die Beständigkeit der Umgebung haben großen Einfluss auf die Ortsauflösung. Daher muss die Einrichtung bei Veränderungen an der Umgebung erneut durchgeführt werden, was den Aufwand für diese Methode stark erhöht.
Das \acl{aoa}-Verfahren lässt sich nur umsetzen, wenn das Gerät die benötigte Hardware zur Ermittlung des Eintrittswinkel mitbringt. Die Ortsauflösung ist dann jedoch nur von den Messfehlern, beschrieben in Abschnitt \ref{messung-fehler}, abhängig und kann somit zunächst als sehr hoch eingestuft werden. Der Aufwand ist jedoch, passende Hardware vorausgesetzt, relativ gering.
Für die Trilateration stehen mehrere Verfahren zur Auswahl. Diese unterscheiden sich hauptsächlich im Aufwand. Die Ortsauflösung ist, wie schon beim \ac{aoa}-Verfahren, abhängig von den Messfehlern der eingesetzten Verfahren. Dabei wird beim \ac{rss}-Verfahren eine etwas geringere Ortsauflösung angenommen, da die Entfernung aufgrund der Signalstärke nicht nur durch Umwelteinflüsse, sondern auch durch das verwendete Modell beeinflusst wird. Der Aufwand für \ac{toa} und \ac{tdoa} wird mit sehr hoch angenommen, da eine genaue Zeitmessung spezielle Hardware voraussetzt. Diese Hardware ist in Smartphones nicht zu finden.
Aktuelle Smartphones besitzen eine Vielzahl von Sensoren, um mit ihrer Umwelt zu interagieren. Viele der Sensoren lassen sich alleine oder in Kombination zur Entfernungsmessung oder Distanzmessung einsetzen [@Subbu_2013; @Chen_2019; @Li_2012; @SosaSesma_2016].
Die Entfernung zu einem Referenzpunkt wie einer Wand, lässt sich zum Beispiel durch den Einsatz eines Sonars messen. Für die Umsetzung kommen das Mikrofon und der Lautsprecher des Smartphones in Frage [@Graham_2015]. In dieser Arbeit geht es jedoch um einen flexibleren Einsatzbereich, bei dem eine Lokalisierung zwingend erforderlich ist.
Zu den bekanntesten Sensoren zur Lokalisierung gehört das \ac{gps}. Hierbei wird mit Hilfe von Satelliten die Position des Smartphones ermittelt. Dies ermöglicht die Ortung außerhalb von Gebäuden mit einer Genauigkeit von wenigen Metern [@Bajaj_2002a]. Da die Messungen jedoch nicht auf den Außenbereich beschränkt sein sollen, wird \ac{gps} nicht näher betrachtet.
Die Innenraum-Lokalisierung und Navigation ist ein Forschungsfeld mit großem Interesse. Viele Arbeiten basieren auf dem vom \ac{ieee} festgelegten Standard IEEE 802.11, besser bekannt als \ac{wifi} [@Chen_2019]. Für den Einsatz von \ac{wifi} zur Lokalisierung muss zunächst eine Karte (siehe Kapitel \ref{fingerprinting}) mit der Funkstärkenverteilung erstellt werden [@Davidson_2017a]. Dies bedeutet einen hohen zeitlichen Aufwand bei der Einrichtung und eine geringe Flexibilität im Einsatz.
Ein weiterer Sensor, der zur Lokalisierung in Innenräumen häufig betrachtet wird, ist Bluetooth. Dieser ist weit verbreitet und kostengünstiger als \ac{wifi} [@Ye_2019]. Des Weiteren wurde mit \ac{ble} ein Standard entwickelt, der sehr stromsparend ist. Im weiteren Verlauf der Arbeit soll Bluetooth näher betrachtet werden.
Bei Bluetooth handelt es sich um einen Industriestandard, der in den 1990er-Jahren durch die \ac{sig} entwickelt und eingeführt wurde. Die Technologie dient seither zur Datenübertragung zwischen verschiedenen Endgeräten mittels Funktechnik. Die Reichweite hängt maßgeblich von der Umgebung und der Sendeleistung ab und kann zwischen \SI{1}{\meter} und \SI{200}{\meter} betragen. Bluetooth arbeitet im lizenzfreiem \ac{ism} von \SIrange{2,402}{2,480}{\giga\Hz}, wodurch es weltweit zulassungsfrei betrieben werden darf. Im Jahr 2020 wurde Bluetooth in 4 Milliarden verkauften Produkten verbaut [@BluetoothSIG_2021]. Darunter befinden sich Smartphones, Computer, medizinische Geräte sowie Unterhaltungsmedien und vieles mehr. Dies und die Tatsache das die \ac{sig} im Jahr 2021 36.645 Mitglieder aufweist [@BluetoothSIG_2021], lässt schlussfolgern, das Bluetooth ein etablierter Standard für den Austausch von Daten ist.
Mit der Einführung von Bluetooth 4.0 im Juli 2010 wurde \acl{ble} in die Bluetooth Technologie integriert. Dabei ist \ac{ble} zu früheren Bluetooth-Versionen nicht abwärtskompatibel, bietet jedoch einige nützliche Besonderheiten: Ein reduzierter Stromverbrauch und die kurze Aufbauzeit einer Übertragung sind die wesentlichen Vorteile. Geräte wie Smartphones und Tablets unterstützen sowohl das klassische Bluetooth als auch den \acl{ble} Standard. Unterstützt ein Geräte nur den \ac{ble}-Standard, so wird es als Bluetooth Smart-Geräte bezeichnet.
Nach einer Sichtung des Marktes bei verschiedenen Onlinehändlern hat sich herausgestellt, dass die meisten Geräte den 2014 eingeführten Bluetooth-Standard 4.2 oder neuer unterstützen. Im Bluetooth-Standard 5.2 wurden einige Verbesserungen zur Lokalisierung mittels Bluetooth eingeführt: Unter anderem die Ermittlung des \acl{aoa}, was zu einer höheren Genauigkeit bei Entfernungsmessungen führen soll. Geräte mit diesem Standard, der im Dezember 2019 eingeführt wurde, sind zum Zeitpunkt der Arbeit jedoch schwer erhältlich. Da die neuen Standards 5.0, 5.1 und 5.2 abwärtskompatibel sind, wird im weiteren Verlauf Bluetooth 4.2 näher betrachtet.
Durch die stromsparenden Eigenschaften von \ac{ble} wird es häufig auch in kleinen Geräten eingesetzt, welche Daten ohne aktive Verbindung via Bluetooth ausstrahlen. Dieses Ausstrahlen von Daten wird Advertising genannt. Ein Gerät, dass nur Advertising-Pakete aussendet, ein sogenannter Advertiser, wird auch als Beacon bezeichnet. Geräte die nach Advertising-Paketen lauschen und keine Verbindung aufbauen wollen, nennen sich Scanner [@BluetoothSIG_2014, Vol. 1 Part A S. 16].
\ac{ble} teilt sich in 40 physikalische Kanäle von je \SI{2}{\mega\Hz} im \SI{2.4}{\giga\Hz} \ac{ism} auf. Davon sind 37 Kanäle für die Datenübertragung vorgesehen sowie 3 Kanäle für das Advertising reserviert [@BluetoothSIG_2014, Vol. 1 Part A S. 16]. In Abbildung \ref{fig:blechannels} sind die \ac{ble}-Kanäle den drei am häufigsten verwendeten \ac{wifi}-Kanälen 1, 6 und 11 [@Kajita_2016] aus dem gleichen Frequenzband gegenübergestellt. Es ist zu erkennen, dass die Advertising-Kanäle (rot gekennzeichnet) außerhalb dieser \ac{wifi}-Kanäle liegen und somit wenige Störeinflüsse durch \ac{wifi} erwartet werden können.
![\ac{ble} Kanäle im \SI{2.4}{\giga\Hz} \ac{ism} und die \ac{wifi} Kanäle 1, 6 sowie 11 als Referenz (nach [@ATL_2021]). \label{fig:blechannels}](../static/ble-advertising-channels.pdf)
Ein Advertising-Paket enthält 31 Bytes, die vom Nutzer frei definiert werden können. Dabei wird es jeweils auf allen drei Advertising-Kanälen versendet. Das Senden benötigt dabei weniger als \SI{10}{\milli\second}. Das Sendeintervall kann zwischen \SI{20}{\milli\second} und \SI{10.24}{\second} eingestellt werden. Tabelle \ref{tab:adpackettype} zeigt die Advertising-Pakettypen; bei Typen die keine Verbindung zulassen ist das minimal mögliche Sendeintervall auf \SI{100}{\milli\second} beschränkt [@BluetoothSIG_2014, Vol. 2 Part E S. 968 und Vol. 3 Part C S. 389].
Die Bluetooth-Spezifikation sieht die Übertragung der Signalstärke, dem sogenannten \ac{rssi}, vor. Dabei handelt es sich um einen absoluten Wert in \ac{dbm} mit einer festgeschriebenen maximalen Abweichung von \num{\pm 6} \ac{db} [@BluetoothSIG_2014, Vol. 2 Part E S. 806]. Wie in Abschnitt \ref{trilateration} Signalstärkemessung beschrieben, ist durch den \ac{rssi}-Wert eine Entfernungsmessung realisierbar.
Zum Einsatz kommt das long-distance path loss-Modell [@Seybold_2005_BOOK]. Dabei handelt es sich um ein Modell zur Vorhersage von Signalverlusten bei der Verbreitung von Funkwellen. In der Android beacon library [@beacon_library_2021] findet sich Formel \ref{eq:beacondistance} zur Berechnung der Distanz $d$. $txPower$ entspricht dabei der Empfangsstärke auf \SI{1}{\meter} Entfernung und $P_{R_{x}}$ die Empfangene Signalstärke des Beacon. Die $txPower$ wird häufig vom Hersteller angegeben und ist somit ein bekannter, fester Wert. Die Konstanten $A$, $B$ und $C$ sind statistisch ermittelte Werte die für jede Hardwarekombination unterschiedlich sind. In der Android beacon library werden als Standardwerte die, auf das Smartphone Nexus 4 kalibrierten Faktoren eingesetzt: $A = 0,89976$, $B = 7,7095$ und $C = 0,111$.
Da die Signalstärke Schwankungen unterliegt, mehr dazu in Abschnitt \ref{messung-fehler}, führt die Messung der Entfernung mit einem festen Wert für $txPower$ zu größeren Abweichungen. Dies kann nach [@Cho_2015a] durch den Einsatz eines Kalibrierungs-Beacon im Abstand von \SI{1}{\meter} zum zu messenden Beacon optimiert werden. Dabei misst der Kalibrierungs-Beacon die aktuelle Signalstärke und übermittelt diese an den Scanner. Bei der Berechnung der Entfernung wird nun in Formel \ref{eq:beacondistance-scPower} die $txPower$ durch den aktuell gemessenen \ac{rssi}-Wert auf \SI{1}{\meter}, beschrieben als $scPower$, ersetzt.
In der Regel ist jede Messung fehlerbehaftet, auch wenn sie präzise durchgeführt wird. Zum Beispiel kann es schon beim Ablesen von Messdaten zu Fehlern kommen, aber auch das Einbringen eines Messgeräts kann die zu messenden Werte in einem System verändern. Aus diesem Grund ist die Beurteilung und Klassifikation von Messfehlern ein wichtiger Teil bei der Betrachtung einer Messkette [@Lerch_2006_BOOK, S. 89]. In den folgenden Abschnitten werden die notwendigen Begriffe zur Beurteilung von Fehlern eingeführt und weiter die Fehlerkorrekturmöglichkeiten betrachtet.
In der Literatur wird häufig vom wahren Wert einer Messung im Zusammenhang mit der Fehlerbewertung gesprochen. Dieser wahre Wert ist ein Wert ohne Fehler und damit stets unbekannt, da jede Messung fehlerbehaftet ist [@jcgm_2012, Nr. 2.11]. Aus diesem Grund kommt anstelle des wahren Werts der Referenzwert zum Einsatz. Dieser Referenzwert wird mit Hilfe bekannter, möglichst genauer Messmethoden ermittelt. Für die Entfernung sind dies beispielsweise Maßbänder oder digitale Entfernungsmessgeräte. Dabei kommt es sowohl beim Ablesen als auch beim Anhalten des Maßbandes zu Ungenauigkeiten was die Ermittlung des wahren Werts unmöglich macht. In den folgenden Kapiteln und insbesondere in den Formeln wird aus diesem Grund nicht der wahre Wert sondern der Referenzwert verwendet. Dieser Referenzwert stimmt dabei ungefähr mit dem wahren Wert überein [@jcgm_2012, Nr. 5.18].
Messfehler werden in systemische und zufällige Fehler unterschieden:
**Systemische Fehler** sind vorhersagbar und somit auch korrigierbar. Sie unterteilen sich in statische Messfehler und dynamische Messfehler. Statische Messfehler haben einen konstanten Betrag und ein bestimmtes Vorzeichen, dynamische Messfehler hingegen resultieren in einer zeitliche Veränderung des Messwertes einer Messreihe. Da systemische Fehler prinzipiell korrigierbar sind, sollten sie nach Möglichkeit im ersten Schritt der Messwertverarbeitung berichtigt werden [@Lerch_2006_BOOK, S. 90].
**Zufällige Messfehler** lassen sich hingegen nicht unmittelbar erfassen. Die Abweichungen vom wahren Wert kann nur in Form von Wahrscheinlichkeitsaussagen beschrieben werden. Um diesen Fehlertyp zu beurteilen, müssen möglichst viele Messungen durchgeführt werden. Dabei ergibt sich eine Normalverteilung nach Gauß. Das Normalverteilungsgesetz für zufällige Fehler ist dabei wie folgt charakterisiert: positive und negative Abweichungen treten gleich häufig auf, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Abweichung nimmt mit zunehmender Größe der Abweichung ab [@Lerch_2006_BOOK, S. 91].
Nachfolgend sollen Beispiele für die beiden Fehlerarten genannt und beschrieben werden. Tabelle \ref{tab:error} gibt eine Übersicht über die verschiedenen Fehler.
- **Hindernisse**: Wände, Möbel, Pflanzen, Menschen und andere Objekte beeinflussen die Ausbreitung von Funkwellen. Der Einfluss äußert sich in Abschwächung oder Reflektion des Signals. Bei Reflektionen kann es zum mehrfachen Empfang ein und des selben Signals kommen. Dabei hat das Reflektierte Signal meist einen weiteren Weg hinter sich und ist daher schwächer. Die zusätzliche Abschwächung des Signals durch Objekte zwischen Sender und Empfänger, führt zu einem schwächeren Signal am Empfänger und beeinflusst so die Entfernungsmessung mithilfe der Signalstärke.
- **Reflektionen**: Alle Objekte, speziell Metallische, können Funkwellen Reflektieren. Diese Reflektionen führen zur Mehrfachmessung eines Signals.
- **Smartphone-Gehäuse**: Wie die Hindernisse wirkt sich auch das Smartphone-Gehäuse sowie die verbauten Sensoren im Smartphone auf die Signalstärke aus. Auch eine Smartphone-Hülle die vom Nutzer angebracht wird, beeinflusst die Signalstärke. Da die meisten Hüllen aus Plastik bestehen, ist dieser Effekt jedoch als gering an zu sehen.
- **Antennenanordnung**: Sowohl die Orientierung als auch die Position der Antenne beeinflusst die Qualität des empfangen Signals. Liegt die Antenne beispielsweise auf der linken Seite des Smartphones, so werden Signale die von rechts kommen stärker gedämpft, vergleiche hierzu die Abbildung der Empfangscharakteristik in [@Raytac_2021, S. 30 Antenna].
- **RSSI Sensor**: Die Signalmessung wird durch den Bluetooth Chip durchgeführt. Er nutzt einen 8-bit analog zu digital Wandler um einen Wert zwischen 0 und 255 zu erhalten. Das stärkste Signal wird durch den Wert 255 abgebildet. Bei der Umrechnung dieses Wertes in \ac{dbm} muss für gute Ergebnisse ein angepasster Code verwendet werden. Ob und wie gut diese Anpassung geschieht, hängt allein bei den Herstellern.
- **Versuchsaufbau**: Auch der Aufbau des Versuchs kann zu Fehlern im System führen. Dieser systemische Fehler kann meist nur durch die Wiederholung der Versuche korrigiert werden.
- **Funkrauschen**: \ac{ble} verwendet den selben Frequenzbereich wie \ac{wifi} und viele weitere Funktechnologien für den Konsumerbereich. Auch andere Signale von unterschiedlichen Frequenzbereichen strahlen teilweise in diesen Frequenzbereich ein. Dabei kann diese starke Auslastung dazu führen das Pakete nicht Empfangen werden oder die Empfangsstärke beeinflusst wird [@Heilmann_2020_BOOK].
- **Bluetooth Channel Rotation**: \ac{ble} nutzt drei verschiedene Kanäle, mit unterschiedlichen Frequenzen, für das Advertising. Die Antennen sind jedoch auf eine bestimmte Frequenz optimiert. Daher kommt es zu Abweichungen beim RSSI je nach verwendeten Advertising Kanal [@Paterna_2017]. Dies ist prinzipiell ein systemischer Fehler der Korrigierbar wäre. Unter Android gibt es derzeit jedoch keine Möglichkeit den Kanal aus zu lesen, weswegen der Fehler damit zufällig auftritt.
Die Genauigkeit einer Messung wird durch die Richtigkeit und die Präzision beschrieben. Dabei hat ein Messwert eine hohe Genauigkeit, wenn sowohl eine hohe Richtigkeit, als auch eine hohe Präzision vorliegt.
Die Richtigkeit lässt eine Aussage über die Nähe von Einzelmesswerte zum tatsächlichen Messwert zu. Bei einer guten Richtigkeit stimmen die gemessenen Werte im Mittel mit dem tatsächlichen Messwert nahezu überein. In Formel \ref{eq:richtigkeit} wird die Richtigkeit mathematisch beschrieben. Sie wird dabei durch den Betrag der Differenz aus dem Mittelwert $\overline{x}$ der gemessenen Werte und dem Referenzwert $R$ beschrieben.
Die Präzision beschreibt die Streuung der Messwerte um den Mittelwert. Je näher die Messwerte beieinander liegen, desto höher die Präzision. Die Streuung wird dabei durch zufällige Fehler ausgelöst und kann durch die relative Standardabweichung ausgedrückt werden.
Die Abhängigkeit von Präzision und Richtigkeit wird in Abbildung \ref{fig:genauigkeit} verdeutlicht. Dabei liegt der tatsächliche Wert jeweils im Zentrum der Kreise. Nur das Szenario rechts oben in der Abbildung hat eine hohe Genauigkeit, da es sowohl eine hohe Präzision, als auch eine hohe Richtigkeit aufweist. Alle anderen Szenarien haben eine geringe Genauigkeit, können jedoch eine hohe Präzision oder eine hohe Richtigkeit oder keins von beidem (unten links) aufweisen.
Eine weitere Kenngröße, die eine Aussage über die Qualität der Messung liefert, ist der Messfehler [@Lerch_2006_BOOK, S. 89]. Er unterteilt sich in einen absoluten und relativen Fehler. Der absolute Fehler $F$ in Formel \ref{eq:abs-fehler} definiert sich durch die Differenz zwischen dem Meßwert $M$ und dem Referenzwert $R$ und gibt Auskunft über die absolute Abweichung zwischen den beiden Werten.
Der relative Fehler $f$ in Formel \ref{eq:rel-fehler} wird in Prozent angegeben und ermittelt sich aus dem absoluten Fehler $F$ bezogen auf den Referenzwert $R$.
Bei der Lokalisierung ist unter anderem die Beurteilung der Abweichung des gemessenen Punkts zum Referenzpunkt wichtig. Mit Formel \ref{eq:abstand} lässt sich der Abstand $d$ zwischen der gemessenen Position $(M_x,M_y)$ und der Referenzposition $(R_x,R_y)$ ermitteln. $d$ ist somit die absolute Abweichung der Lokalisierung $F_{loc}$. Aus den Formeln \ref{eq:abs-fehler} und \ref{eq:rel-fehler} sowie der Kenntnis über die absolute Abweichung in Formel \ref{eq:abstand} ergibt sich die relative Abweichung $f_{loc}$ in Formel \ref{eq:loc-fehler}.
Eine Methode zur Reduzierung von systemischen Fehlern, beschrieben in Abschnitt \ref{arten-von-messfehlern} Systemische Fehler, ist die Kalibrierung. Hierbei werden mehrere Messreihen mit möglichst vielen Messungen angefertigt. Es wird darauf geachtet, dass die äußeren Einflüsse, die auf die Messung einwirken können, weitestgehend eliminiert werden und die Messumgebung stets gleich bleibt. Durch eine hohe Anzahl von Messungen kann der statistische Fehler zusätzlich minimiert werden [@jcgm_2012, Nr. 2.19]. Sollte der Mittelwert der Messung nun nicht mit dem Referenzwert übereinstimmen, so ist diese Abweichung auf ein systemischen Fehler zurückzuführen. Um die Linearität des Fehlers zu beurteilen, müssen mehrere Messreihen mit unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen betrachtet werden. Die Eingangsvoraussetzungen sind vom betrachteten System abhängig, im Fall der Entfernungsmessungen werden Messreihen mit unterschiedlichen Abständen angefertigt. Aus den gewonnenen Daten können so Korrekturfaktoren ermittelt werden, welche den systemischen Fehler reduzieren [@jcgm_2012, Nr. 2.39, Nr. 3.11].
Die unverarbeiteten Messwerte werden als Rohdaten bezeichnet. Sie sind aufgrund der zuvor beschriebenen Messfehler nicht zur Anzeige geeignet. Zunächst müssen diese Fehler beseitigt werden. Im ersten Schritt werden die systemischen Fehler, beispielsweise durch eine Kalibrierung, minimiert. Im nächsten schritt gilt es die zufälligen Fehler, also Ausreißer und Rauschen, zu detektieren und zu eliminieren. Hierbei kommen verschiedene Filterverfahren zum Einsatz die einzeln oder in Kombination eingesetzt werden können.
Beim gleitenden Mittelwert handelt es sich um ein Methode zur Glättung von Zeitlichen Datenreihen. Er Basiert auf der Annahme, dass sich die zu messende Größe über den Zeitlichen verlauf nicht sprunghaft ändert. Diese Annahme trifft auch auf den \ac{rssi}-Wert zu.
Formel \ref{eq:gleitendME} zeigt die mathematische Umsetzung des gleitenden Mittelwerts $m_i$. $q$ beschreibt dabei die Anzahl an Werten die unmittelbar vor und nach dem aktuellen Messwert $x_i$ erfasst wurden. Dabei wird zur Ermittlung des arithmetischen Mittelwertes die Wertereihe $x_{i-q}, ...., x_{i+q}$ betrachtet. Die Größe des Fensters $q$ ist ein Parameter der zu beginn festgelegt werden muss. Dabei ist zu beachten: Ein kleiner Wert für $q$ erhöht das Rauschen und ein großer Wert kann dazu führen, dass kleine Änderungen zu stark ausgeglichen und somit nicht erkannt werden können.
\begin{equation}\label{eq:gleitendME}
m_i = \frac{1}{2q+1} \sum_{k=i-q}^{i+q} x_k
\end{equation}
Bei Zeitlichen Messreihen werden die Messdaten oft nicht in zeitlich konstanten Abständen gemessen. Aus diesem Grund sollte das Fenster $q$ nicht die feste Anzahl von Messwerten sondern ein Zeitintervall $q_t$ beschreiben. Somit ergibt sich aus Formel \ref{eq:gleitendME} der auf Zeit basierende gleitende Mittelwert $m_{i_t}$ in Formel \ref{eq:gleitendTime}. Der Wert $A$ ist die Anzahl an Datenpunkten die im Zeitfenster $i_t-q_t$ bis $i_t+q_t$ in die Messung einbezogen werden. $i_t$ beschreibt den Zeitpunkt der betrachteten Messung.
In den Sozialwissenschaften finden Wichtungen häufig Anwendung und sind trotz der unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen in mathematischer Hinsicht auch im technischen Bereich nutzbar. Demnach können Wichtungsfaktoren grundsätzlich auf zwei unterschiedliche Arten bestimmt werden. Im ersten Fall ist eine Verteilung der Grundgesamtheit bekannt. Im zweiten Fall ist die Grundgesamtheit nicht bekannt, so dass die Verteilung geschätzt werden muss [@Alt_1994a].
Der Wichtungsfaktor wird im zweiten Fall durch das Soll-Wert/Ist-Wert Verhältnis ermittelt. Ein Beispiel ist in Tabelle \ref{tab:wichtungsfaktor} zu finden. Dabei wird angenommen, dass Messwerte im oberen Viertel zu 5% vorkommen können, im unteren Viertel zu 60%.
| Messwerte Verteilung \si{\percent} | SOLL \si{\percent} | Beispiel für eine IST Verteilung \si{\percent} | Wichtungsfaktor (SOLL/IST)
: Beispiel für die Ermittlung des Wichtungsfaktors durch SOLL/IST Vergleich. \label{tab:wichtungsfaktor}
Formel \ref{eq:weighted} beschreibt nun Mathematisch die Anwendung des gewichteten Mittelwerts. Der gewichtete Mittelwert $m_w$ errechnet sich hierbei aus der Summe des Produkts von Wichtungsfaktor $w_i$ und Messwert $x_i$ geteilt durch die Summe der Wichtungsfaktoren.
Der Anwendung fehlt jedoch, ein Möglichkeit zur Lokalisierung des Smartphones. Dabei ist die Messung auf kleinen Skalen, im Zentimeterbereich wichtig um ein möglichst breites Spektrum an Experimenten zu ermöglichen. Beispiele hierfür sind:
**Darstellung des Abstandsgesetz:** Das Abstandsgesetz beschreibt den Abfall der Energie von allem was sich Kugelförmig ausbreitet, als Beispiel sei hier der Schall oder das Licht genannt. Die Oberfläche einer Kugel wächst mit zunehmenden Abstand, dem Radius $r$, zum Quadrat. Die Energie nimmt somit im Quadrat zum Abstand der Quelle ab [@Harten_2012_BOOK, S. 123]. Dieses Gesetz lässt sich mit dem Smartphone in einem Experiment veranschaulichen. Hierbei kann man den Schalldruck mit dem Mikrophone oder die Lichtintensität mit dem Helligkeitssensor messen und zusammen mit der Entfernungsänderung aufzeichnen.
**Darstellung von Schallinterferenzen:**
Diese Arbeit soll untersuchen wie eine solche Lokalisierung umgesetzt werden kann.
In den folgenden Abschnitten wird die verwendete Hardware sowie die Umsetzung beschrieben. Zum Einsatz kommen die Programmiersprachen JavaScript, Python und Kotlin. Dieser Mix erklärt sich aus der gewählten Hardware und dem Vorgehen.
Als Bluetooth-Beacon kommen Puck.js\footnote{https://www.puck-js.com/}, Abbildung \ref{fig:puck}, von der Firma Espruino\footnote{http://www.espruino.com/} zum Einsatz. Diese bieten, auf ihrer offenen Plattform, neben Bluetooth noch weitere Sensoren wie: ein Magnetometer zur Messung von Magnetfeldern, ein Accelerometer zur Messung von Beschleunigungen, ein Gyroscope zur Messung der Winkelgeschwindigkeit, einen Temperatursensor und vieles mehr. Durch diese Sensoren kann der Beacon auch für weitere Anwendungen eingesetzt werden, was jedoch nicht Bestandteil dieser Arbeit sein soll.
Durch eine Programmierschnittstelle lässt sich der Beacon mit Hilfe von JavaScript programmieren. Beim Einstieg hilft eine Datenbank mit Beispielprogrammen sowie ein ausführlich dokumentiertes \ac{api} [@Ltd_2017]. Zur Programmierung wird der Beacon mittels Bluetooth mit einer \ac{ide} im Browser verbunden. Abbildung \ref{fig:ide} zeigt die \ac{ide}: links befindet sich die Konsole über die einzelne Befehle direkt auf dem Beacon ausgeführt werden können, rechts ist der Editor zu sehen, in diesem können die Befehle zu Programmen zusammengeführt werden. Der Programmcode kann sowohl temporär zum Testen auf den Beacon geladen werden, als auch nach dem Test im Flash des Beacon gespeichert werden. Bei der temporären Ausführung ist der Code nach einem Batteriewechsel nicht mehr auf dem Beacon. Diese Art der Entwicklung macht das Experimentieren mit den Bluetooth-Beacon sehr einfach.
Während der Versuche mit den Beacon wird ein hohes Advertising-Intervall benötigt um möglichst viele Advertising-Pakete in kurzer Zeit zu versenden. Dadurch lässt sich die Messgenauigkeit bei kurzer Messdauer erhöhen, führt jedoch zu einer kürzere Batterielebensdauer des Beacon. Um die Batterie nicht zu stark zu belasten, wurden zwei Modi entwickelt. Durch den integrierten Button, kann zwischen dem Versuchsmodus und dem Programmiermodus gewechselt werden. Zur Visualisierung in welchem Modus sich der Beacon befindet wird die eingebaute grüne und rote LED verwendet. Beim Wechsel vom Programmiermodus in den Versuchsmodus leuchtet die grüne LED auf und blinkt dann alle \SI{10}{\second}. Wird der Beacon erneut gedrückt, zeigt die rote LED das Beenden des Versuchsmodus an und der Beacon wechselt in den Programmiermodus zurück.
Jeder Beacon verfügt über eine einzigartige Hardware-Adresse, \ac{mac}-Adresse genannt. Zur einfachen Identifizierung werden die letzten zwei Byte der \ac{mac}-Adresse in Kleinbuchstaben als Kurzname der Beacon verwendet. Für das Advertising wird vor den Kurznamen ein ``BLE`` für \acl{ble} gesetzt. Tabelle \ref{tab:devices} listet die \ac{mac}-Adresse sowie den dazugehörigen Advertising-Namen und Kurznamen der Beacon auf. Im Versuchsmodus wird der Advertising-Name nicht mit ausgesendet, mehr dazu im Kapitel \ref{advertising}.
Weiterhin wird für das Advertising ein universeller Identifikator benötigt. Diese erlaubt es die Advertising-Pakete eindeutig zuzuordnen. Espruino bietet hierzu eine reservierte 16 Bit \ac{uuid} ``0x0590`` für die Entwicklung von Anwendung mit ihrer Hardware. Diese \ac{uuid} wird zur Filterung der Advertising-Pakete im Scanner verwendet.
Für das Advertising stehen 31 Byte für benutzerdefinierte Daten zur Verfügung. Davon werden 5 Byte im Versuchsmodus benötigt. Das Advertising-Paket im Versuchsmodus setzt sich aus der 16 Bit langen \ac{uuid} ``0x0590`` und 3 Byte zur Übertragung der $scPower$ zusammen. Die $scPower$ wird in einer festen Reihenfolge abgespeichert und übertragen. Für einen produktiven Einsatz sollten diese Werte eindeutig gekennzeichnet werden. Hierfür sind weitere 26 Byte in dem Advertising-Paket frei.
Für den Versuchsmodus wird der Beacon in den Advertising-\ac{pdu} ``ADV_NONCONN_IND``, beschrieben in Kapitel \ref{bluetooth-low-energy}, gesetzt. Hierbei lässt der Beacon keine Verbindung zu und reagiert nicht auf Anfragen, sondern sendet nur Advertising-Pakete aus. Das maximales Advertising-Intervall ist in diesem Modus zwar auf \SI{100}{\milli\second} beschränkt, dies ist jedoch für den gewählten Versuchsaufbau ausreichend. Zur Erfassung der Position bewegter Objekte sollte eine aktive Verbindung genutzt werden, da hier das Advertising-Intervall auf \SI{20}{\milli\second} verkürzt werden kann. Der Advertising-Name des Beacons wird im Versuchsmodus nicht ausgesendet.
Im Programmiermodus befindet sich der Beacon im Advertising-\ac{pdu} ``ADV_IND``. Dieser ist notwendig damit eine Verbindung mit dem Beacon zur erneuten Programmierung hergestellt werden kann. Auch der Advertising-Name des Beacons wird in diesem Modus mit ausgesendet um das Gerät leichter zu Identifizieren.
Zur Umsetzung eines selbst korrigierenden Systems müssen die Bluetooth-Beacon sowohl als Scanner wie auch als Advertiser fungieren. Im Versuchsmodus scannen die Beacon hierzu, parallel zum Aussenden der Advertising-Pakete, nach solche Paketen von den anderen beiden Beacon. Abbildung \ref{fig:selfcorrecting} zeigt schematisch den Ablauf des selbst korrigierenden Systems anhand der Beacon 5b5b und 690f. Der Beacon 5b5b sendet sein Advertising-Paket aus, welches von dem Beacon 690 empfangen und verarbeitet wird. Der Beacon 690f speichert den \ac{rssi}-Wert des Empfangenen Pakets von Beacon 5b5b als $scPower$ in seinem Advertising-Paket und senden dieses aus. Bei jedem erneuten empfang eines Advertising-Pakets von Beacon 5b5b wird die $scPower$ aktualisiert.
![Ablauf des Advertisings am Beispiel von zwei Beacon. \label{fig:selfcorrecting}](../static/Ablaufplan-Advertising.pdf){ width=60% }
Als Smartphone für die Messungen kommt ein OnePlus 7t mit Android-Betriebssystem in der Version 11 zum Einsatz. Für die Anwendungsentwicklung wird die \ac{ide} Android Studio verwendet. Als Programmiersprache wurde Kotlin gewählt und die Smartphone-Anwendung als Bluetooth-Scanner umgesetzt.
Über die Benutzeroberfläche, zu sehen in Abbildung \ref{fig:appfrontend}, müssen 4 Eingabefelder vor dem Versuchsstart durch den Anwender ausgefüllt werden. Der Testname dient dazu, die Testdaten bei der Auswertung zu identifizieren, er dient auch als Dateiname für die gespeicherten Daten. In den weiteren drei Feldern wird die, für den durchgeführten Versuch, real gemessene Entfernung zwischen Smartphone und dem jeweiligen Beacon notiert. Sollten ein oder mehrere Beacon im durchgeführten Versuch keine Relevanz haben, so muss hier eine 0 eingetragen werden. Über den Start/Stop-Button am unteren Bildschirmrand der Anwendung wird die Aufzeichnung gestartet. Nach dem Start können die empfangenen Daten im oberen Bildschirmbereich zur Funktionsüberprüfung eingesehen werden. Diese Daten aktualisieren sich automatisch mit jedem empfangenen Advertising-Paket.
Beim Empfang eines Advertising-Pakets wird geprüft, ob das Paket von einem der Beacon versendet wurde. Hierzu wird zunächst nach der \ac{uuid} gefiltert und anschließend nach den \ac{mac}-Adressen der drei Beacon. Ist das Paket von einem der Beacon, so werden die Daten des Advertising-Pakets in einer Textdatei, mit dem Testnamen als Dateinamen, auf dem Smartphone abgelegt. Die Daten werden im \ac{csv}-Format gespeichert, dabei sind die einzelnen Spalten mit Hilfe eines Kommas voneinander getrennt. In Tabelle \ref{tab:datastore} werden die Spalten aufgelistet und ihr Inhalt kurz erläutert.
Die Auswertung der Messreihen wird auf dem Computer durchgeführt. Dies bietet im Gegensatz zur direkten Auswertung auf dem Smartphone den Vorteil, auch im Nachhinein Änderungen vornehmen zu können. Als Programmiersprache kommt Python zum Einsatz, welche eine Vielzahl an Bibliotheken zur Arbeit mit großen Datenmenge und zur wissenschaftlichen Auswertung bereithält. Im Anhang dieser Arbeit befindet sich eine Liste der verwendeten Bibliotheken und deren Versionen.
In einem ersten Schritt werden die Daten eingelesen und bereinigt. Zur Bereinigung werden die ersten \SI{5}{\second} und die letzten \SI{10}{\second} der Messreihe entfernt, um den Einfluss durch die Bedienung des Smartphones aus den Messreihen zu beseitigen. Bei der Übermittlung der Daten werden nicht vorhandene Messdaten mit einer 0 initialisiert. Dies würde bei Berechnungen zu Fehlern führen, weswegen alle 0 Werte aus den eingelesenen Daten gelöscht werden.
Um mit den Daten einfacher arbeiten zu können und eine bessere Übersicht zu erhalten, werden die Spalten aus Tabelle \ref{tab:datastore} umgeformt. Hierzu wird der Referenzpunkt aus den Referenzentfernungen zu den Beacons ermittelt und in der neuen Spalte ``realPosition`` gespeichert. Die Referenz-Entfernung sowie die $scPower$ zu dem jeweiligen Beacon wird ausgelesen und in den Spalte ``deviceDistance`` und ``scPower`` abgelegt.
Die zeitlichen Abstände sowie die Reihenfolge der Advertising-Pakete sind zufällig (vgl. Abb. \ref{fig:messreihe}). Die Beacon senden zwar in einem konstanten Intervall von \SI{100}{\milli\second}, jedoch kann es bei der Übertragung zu Kollisionen kommen. Auch Aussetzer in der Übertragung oder andere Störeinflüsse führen zum Ausbleiben eines Advertising-Pakets. Um bei Berechnungen aus den Messdaten stets alle eingesetzten Beacon zu berücksichtigen, wird ein Fenster aus \SI{400}{\milli\second} betrachtet. Der zu betrachtende Messwert wird dabei aus einem Fenster von \SI{\pm 200}{\milli\second} gemittelt. Die Wahl der Fenstergröße wurde durch folgende Überlegungen getroffen: Das Fenster sollte nicht zu groß sein, um Schwankungen in den Messdaten möglichst wenig zu beeinflussen (vgl. Abschnitt \ref{filter}); Das Fenster sollte nicht zu klein sein, so dass möglichst immer alle 3 Beacon in dem betrachteten Messausschnitt enthalten sind.
![Ausschnitt aus einer Messreihe. \label{fig:messreihe}](../static/Messreihe.png)
Beim \ac{rssi} handelt es sich um einen Dämpfungsfaktor. In Abschnitt \ref{arten-von-messfehlern} ist beschrieben wodurch dieser Faktor beeinflusst wird. Die Dämpfung eines Signals steigt mit jedem dämpfenden Einflussfaktor an. Die Annahme ist nun, dass ein niedriger Dämpfungsfaktor stets näher am wahren Wert ist als ein höherer Dämpfungsfaktor. Um den Einfluss durch die Dämpfung zu minimieren wird ein gewichteter Mittelwert verwendet.
Um ein besseres Verständnis über das System und seine Eigenschaften zu erhalten, werden verschiedene Referenzmessungen durchgeführt. Betrachtet werden hierbei die Auswirkungen der Orientierung von Smartphone und Beacon sowie eventuelle Abweichungen der verwendeten Hardware. Mit dieser Erkenntnis kann im weiteren Verlauf eine Kalibrierung des Systems vorgenommen und der Versuchsaufbau, beschrieben in Kapitel \ref{fig:versuchsaufbau}, optimiert werden.
Zur Ermittlung des Abstands zwischen den einzelnen Objekten wird jeweils die Mitte des Objekts verwendet. Dies hat den Vorteil, dass die Orientierung der Geräte keinen Einfluss auf den tatsächlichen Abstand hat.
Die Referenzmessungen bieten einen Einblick in das System. Sie sollen systemische Einflüsse aufzeigen und so die Entwicklung eines optimierten Versuchsaufbaus ermöglichen. Die ersten Messungen werden im Freien durchgeführt, um etwaige Störeinflüsse durch Reflektionen und \ac{wifi}-Signalen zu verringern. Ein Karton dient als ebene Fläche auf einer Wiese. Auf dem Karton werden nicht nur die Messobjekte platziert, sondern auch Markierungen aufgebracht, um die Positionierung und Ausrichtung zu erleichtern. Abbildung \ref{fig:messung-outdoor} zeigt den Versuchsaufbau.
![Versuchsaufbau der Referenzmessung im Außenbereich \label{fig:messung-outdoor}](../static/outdoor_versuch.jpg)
Soweit nicht anders beschrieben beträgt der Abstand für die Referenzmessungen \SI{1}{\meter}. Die Messdauer einer Referenzmessung wurde auf eine Minute begrenzt. Die Auswertung findet wie in Abschnitt \ref{auswertung} beschrieben statt.
Zunächst wird untersucht, ob die verwendete Hardware fehlerfrei funktioniert und ob es starke Schwankungen zwischen den einzelnen Beacon gibt. Hierzu wird jeder Beacon einzeln zum Smartphone gemessen. Die Messergebnisse in Abbildung \ref{fig:ref-beaconSmartphone} Messung "Outdoor 1" zeigen, dass die Geräte eine ähnliche Sendeleistung aufweisen. Die gemessenen Werte liegen dabei zwischen \SIrange{-71}{-74}{\dB} und sind damit innerhalb der \ac{ble}-Spezifikation von $\pm \SI{6}{\dB}$. Die Messergebnisse einer weiteren Messung zu einem anderen Zeitpunkt, zu sehen in Abbildung \ref{fig:ref-beaconSmartphone} Messung "Outdoor 2", zeigen eine höhere Schwankung und eine allgemeine Verschlechterung der gemessenen \ac{rssi}-Werte. Dabei haben sich die Umgebungsbedingungen von der ersten zur zweiten Messung wie folgt verändert: Der Boden war nasser und die Temperatur wesentlich niedriger. Welches der Faktoren wie auf das System einwirkt wurde aus Zeitgründen nicht näher untersucht.
Eine weitere Messung, durchgeführt im Innenraum, soll die Einflüsse durch Reflektionen und \ac{wifi}-Signalen verifizieren. In Abbildung \ref{fig:ref-beaconSmartphone} Messung "Indoor" ist zu sehen, dass der absolute Messwert im Innenraum noch etwas besser wird zu den Außenmessungen. Er liegt nun im Bereich von \SIrange{-61}{-71}{\dB}. Bei diesen Messungen sind jedoch einige Außreißer zu sehen, ob diese durch Reflektionen oder anderen Einflüssen entstehen, wurde nicht weiter untersucht.
Bei der Messung des Winkeleinfluss soll untersucht werden, wie sich die Lage der einzelnen Geräte zueinander auf die Messungen auswirken. Hierbei werden in verschiedenen Messungen sowohl das Smartphone, als auch der Beacon rotiert und der \ac{rssi}-Wert mit einem zweiten Gerät auf \SI{1}{\meter} Entfernung gemessen. Die Rotation findet hierbei im Uhrzeigersinn statt. Hieraus ergibt sich eine Verteilung der Rotationswinkel zum Empfänger gegen den Uhrzeigersinn, dies wird in Abbildung \ref{fig:puck-rotation} veranschaulicht.
![Verteilung der Rotationswinkel am Beispiel des Beacon. \label{fig:puck-rotation}](../static/BeaconRotation.png){ width=60% }
#### Smartphone Rotation
Bei den ersten Messungen wird das Smartphone in \SI{45}{\degree} Schritten rotiert. Gerade beim Smartphone ist diese Messung sehr interessant, da die Lage der Bluetooth-Antenne nicht öffentlich dokumentiert ist. Das Smartphone wird hierbei um den Mittelpunkt rotiert. Der Höhrer, also das obere Ende des Smartphones, kennzeichnet \SI{0}{\degree}. In Abbildung \ref{fig:ref-smartphoneRotation} ist zu erkennen, dass der gemessene \ac{rssi}-Wert bei \SI{90}{\degree} die meiste Schwächung erfährt. Der mittlere \ac{rssi}-Wert erstreckt sich von \SI{-77}{\dB} bei \SI{235}{\degree} und \SI{315}{\degree} bis \SI{-91}{\dB} bei \SI{90}{\degree}.
![Referenzmessung bei Smartphone Rotation im Uhrzeigersinn. \label{fig:ref-smartphoneRotation}](../static/SmartphoneRotation.pdf)
Der abgebildete Schwächungsverlauf über \SI{45}{\degree}, \SI{90}{\degree} und \SI{135}{\degree} lässt die Annahme zu, das sich die Antenne über die rechte Smartphoneseite erstreckt. Beim Einsatz der Formel \ref{eq:beacondistance} mit den Konstanten für das Nexus 4 und einer $txPower$ von \SI{-81}{\dB}, ermittelt aus dem mittleren \ac{rssi}-Wert der Messreihe, äußert sich die \ac{rssi}-Differenz zwischen \SI{235}{\degree} und \SI{90}{\degree} in einer Entfernungsdifferenz von rund \SI{1,6}{\meter}.
Für die nächste Messung wird der Beacon in \SI{90}{\degree} Schritten im Uhrzeigersinn um den Mittelpunkt rotiert. Wie in Abbildung \ref{fig:puck-rotation} zu erkennen, wird \SI{0}{\degree} durch den Chip auf dem Beacon gekennzeichnet. Bei den Messungen ist die Schwankung des mittleren \ac{rssi}-Werts, von \SI{-64}{\dB} bei \SI{180}{\degree} bis \SI{-68}{\dB} bei \SI{270}{\degree}, als gering einzustufen. Wie Abbildung \ref{fig:ref-beaconrotation} Messung "Beacon zu Smartphone" zeigt, ist die Streuung der Messwerte bei \SI{90}{\degree} und \SI{180}{\degree} am größten.
![Referenzmessung bei der Rotation des Beacon im Uhrzeigersinn. \label{fig:ref-beaconrotation}](../static/BeaconRotationAuswertung.pdf)
Als letzte Messungen wird die Rotation eines Beacons in Referenz zu einem zweiten Beacon untersucht. Hierbei lässt sich sowohl eine Aussage über die Dämpfung bei der Abstrahlung des Signals als auch die Dämpfung beim Empfang eines Signals treffen. Der statische Beacon ist bei der Messung mit \SI{0}{\degree}, wie in Abbildung \ref{fig:puck-rotation} gezeigt, zum rotierenden Beacon ausgerichtet. Der \ac{rssi}-Wert der am statischen Beacon gemessen wird zeigt die Dämpfung des ausgehenden Signals beim rotierenden Beacon und ist in Abbildung \ref{fig:ref-beaconrotation} in Messung "statischer Beacon eingehend" zu sehen. Die Messung "rotierender Beacon eingehend" zeigt im gegenzug das am rotierenden Beacon eingehende Signal welches vom statischen Beacon ausgesendet wird.
Die Konstanten $A$, $B$, und $C$ aus Formel \ref{eq:beacondistance} werden druch Kalibrierungsmessungen nach der Anleitung der Android Beacon Library [@RadiusNetworks_2021] ermittelt. Die Kalibrierung bezieht sich in dieser Anleitung auf ein anderes System und wird mit Hilfe eines iPhones als Referenzgerät durchgeführt. Außerdem werden in der Anleitung Messreihen von \SI{0.25}{\meter} bis \SI{40}{\meter} angefertigt. Da der maximale Abstand in dieser Arbeit bei \SI{1.5}{\meter} liegt, soll die Kalibrierung auf den Bereich von \SI{0.25}{\meter} bis \SI{2}{\meter} in Schritten zu je \SI{0.25}{\meter} durchgeführt werden. Die $scPower$ wird im späteren Versuch durch die benachbarten Beacon erfasst, daher kommt für die Referenzmessung anstelle des iPhones ein zweiter Beacon zum Einsatz.
Wie aus den Messungen in Abschnitt \ref{beacon-smartphone} hervor geht, weichen die \ac{rssi}-Werte bei feuchter Witterung im Außenbereich stark von denen im Innenbereich ab. Zum Zeitpunkt der Messungen war eine Trockenperiode nicht absehbar, aus diesem Grund wird die Kalibrierung im Innenraum durchgeführt. Um den Einfluss von Störfaktoren wie Reflektionen zu vermindern, wird die Messung möglichst weit entfernt von Wänden und anderen Objekten durchgeführt. Zusätzlich werden alle beweglichen Funkquellen aus der näheren Umgebung des Messbereichs geräumt. Um den Einfluss zufälliger Fehler durch die nicht optimalen Umgebungsbedingungen weiter zu reduzieren, wird die Messsdauer von den in der Anleitung verwendeten \SI{20}{\second} auf \SI{1}{\minute} angehoben.
Mit der aus Formel \ref{eq:beacondistance} entstammenden Formel \ref{eq:regress} wird nun eine Regression auf die Messdaten der Kalibrierung durchgeführt. Dabei werden Parameter für die Konstanten $A$ und $B$ ermittelt, durch die die Berechnungen der Messdaten möglichst gut mit der Distanz $d$ übereinstimmen.
Die Konstante $C$ beschreibt den Korrekturfaktor für \SI{1}{\meter} Entfernung. Hierzu werden die Konstanten $A = 1,7358$ und $B = 7,5924$ aus der Regression in die Formel \ref{eq:korrektur} eingesetzt und die Messwerte für die Referenzentfernung $d = \SI{1}{\meter}$ eingesetzt.
In Abbildung \ref{fig:calibration} ist der durchschnittliche Fehler auf die einzelnen Entfernungen aufgetragen. Verglichen wird der Fehler unter Verwendung der Kalibrierungsfaktoren zur Verwendung der Standardwerte der Android Beacon Library. Die $txPower$, welche sich aus der Kalibrierung ergibt und für die weiteren Messungen eingesetzt wird beträgt \SI{-67}{\dB}. Es ist zu erkennen, dass die Fehlerquote nach Kalibrierung, ab \SI{0.75}{\meter} niedriger ist als mit den Standardwerten.
![Gegenüberstellung der Kalibrierungsfaktoren zu den Standardwerten in der Android Beacon Library. \label{fig:calibration}](../static/calibrationValidation.pdf)
Dieses Kapitel beschreibt den Versuchsaufbau. Er orientiert sich an den zuvor behandelten Anforderungen, ein besonderes Augenmerk richtet sich dabei auf das Kapitel \ref{versuchsvorbereitung}. Ein weiterer Fokus liegt auf einem Aufbau der leicht nachzubildenden ist und dabei ein hohes maß an Genauigkeit ermöglicht.
Die Bluetooth-Beacon werden in einem gleichseitigen Dreieck mit einer Seitenlänge von \SI{1}{\meter} auf einer ebenen Fläche angeordnet (Abbildung \ref{fig:versuchsaufbau}). Hierdurch empfängt jeder Beacon von seinen Nachbarn den RSSI Wert auf \SI{1}{\meter} Entfernung und kann diesen zur Kalibrierung an das Smartphone übermitteln. Wie dem Abschnitt \ref{winkeleinfluss} zu entnehmen ist, hat die Ausrichtung der Beacon keinen großen Einfluss. Dieser Versuchsaufbau ermöglicht es zudem, das System um weitere Beacon zu erweitern. Auch ließe sich hierdurch eine Dreieckspyramide mit 6 gleichlangen Kanten aufbauen, wodurch die Messung auf die 3. Dimension erweitert werden kann.
Der Versuchsaufbau wird, wie in Abbildung \ref{fig:zones} dargestellt, in drei Zonen eingeteilt. Die ersten beiden Zonen ergeben sich aus der Geometrie des Versuchsaufbaus. Zone 1 hat einen Radius von \SI{0.289}{\meter} und wird durch das gleichseitige Dreieck begrenzt. In dieser Zone ist kein Beacon weiter als \SI{0.866}{\meter} vom Smartphone entfernt. Zone 2 misst einen Radius von \SI{0.577}{\meter} und schließt das Dreieck ein. Die maximale Distanz zu einem Beacon beträgt \SI{1.154}{\meter}. Bei Zone 3 liegt der am weitesten entfernte Punkt \SI{1.5}{\meter} von einem Beacon entfernt. Dieser wurde gewählt, da der Messfehler bis \SI{1.5}{\meter} laut dem Artikel [@Cho_2015a] unter \SI{10}{\percent} liegt. Es ergibt sich dabei ein Radius von \SI{0,75}{\meter} um das Zentrum.
In Tabelle \ref{tab:messpunkte} sind die einzelnen Messpunkte und Abstände zu den Beacon aufgezeigt. Messpunkt A befindet sich im Zentrum der Kreisrunden Zonen. Messpunkt C und D jeweils am Rand von Zone 2 und Zone 3. Um möglichst viele Messpunkte zu erhalten ist der Messpunkt C nicht mittig zwischen zwei Beacon. Eine Besondere Rolle spiel Messpunkt B. Dieser befindet sich auf einer Seite des Dreiecks und liegt somit genau zwischen zwei Beacon. Er wurde gewählt, um den Einfluss des Smartphones auf die Funkstrecke der Beacon zu untersuchen.
\begin{longtable}{llll}
\caption{Messpunkte und deren Abstände zu den Beacon
\label{tab:messpunkte}}\tabularnewline
\toprule
& \multicolumn{3}{l}{Entfernung in cm} \\
Messpunkt & 5b5b & 690f & 9d31 \\
\midrule
\endfirsthead
%
\endhead
%
A & 57,7 & 57,7 & 57,7 \\
B & 86.5 & 50 & 50 \\
C & 115,4 & 40 & 70,5 \\
D & 67 & 75 & 68 \\
\end{longtable}
Um eine Konstante Messung zu gewährleisten werden die Beacon mittig auf den Referenzpunkt in gleicher Orientierung positioniert. Das Smartphone wird so auf den Messpunkten platziert, das der Messpunkt in der Mitte des Geräts ligt.
Da die Anordnung der Antennen gerade im Smartphone nicht bekannt sind, wird die Entfernung zwischen den Beacon und dem Smartphone immer von der Mitte der Geräte gemessen.